450 Jahre Reformation in Schaumburg

Was eint die Kirchen? Wie vereint man sie?

Das stand über einer Tür, die zum Reformationsjubiläum (450 Jahre in Schaumburg) in Bückeburg aufgestellt war. Die Besucher wurden aufgefordert ihre Meinung als These an die Tür zu heften.

Betreiber des Standes war die neue katholische Großgemeinde Bückeburg, zu der auch dien Katholiken aus Obernkirchen und Rehren gehören. Besonders engagiert waren an diesem Stand, neben dem Pfarrgemeinderat, die Gruppe Kolping und die Pfarrcaritas. Während letztere über ihre Arbeit informierte, verkaufte Kolping fair gehandelte Waren, Kaffee und Tee. „Das ist eine gute Sache für das Zusammenwachsen der Großgemeinde, “meinte der Vorsitzende des Pfarrgemeinderates Dr. Bernward Bock aus Obernkirchen. „Wir sind in einer Dynamik des Nach-vorn-gerichtetseins, dennoch wird es bis zur vollständigen Zusammenführung noch einige Zeit dauern."

Zu den Besuchern des Standes gehörte auch eine Gruppe der Gesellschaft für christlich jüdische Zusammenarbeit aus Detmold. Sie waren zuvor auf den Spuren von Friedrich Muckermann durch Bückeburg geführt worden. Der als Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus bekannt gewordene Bückeburger Katholik hatte bereits sehr früh die Ökumene gewürdigt. Schon 1934 schrieb er: Zeigt nicht die gegenwärtige Entwicklung, wie die katholische Kirche und evangelisches Christentum nebeneinander rücken, weil die neue Gottlosenbewegung gegen beide kämpft? Zudem rät er: Die beste Freundschaft unter den Konfessionen wird dadurch erreicht, dass jede ihrem Charakter gemäß lebt.
Auch Landesbischof Johannesdotter, dessen ökumenisches Engagement bekannt ist, war an dem Stand zugegen.

Eine erste Vorstellung der Thesen gab es schon am Tage der Sammlung. Auf der Bühne vor der Stadtkirche verlas Stephan Reygers die Thesen und Johannes Kersting berichtete über die praktische Zusammenarbeit der katholischen und evangelischen Gemeinden am Orte. Die Darstellungen dieser beiden Mitglieder des Pfarrgemeinderates wurden vom Bückeburger katholischen Kirchenchor musikalisch umrahmt.
Die bisherige Zusammenarbeit zeigt sich jährlich an den Hochfesten des Kirchenjahres
Zu Weihnachten bringen die Pfadfinder das Friedenslicht aus Bethlehem in die Kirchen und es gibt gegenseitige Besuche der Gottesdienste.
Am Ostermorgen geht man gemeinsam vom Jetenburger Friedhof durch die Nacht, entzündet die Osterkerzen und trifft sich nach den Gottesdiensten zum gemeinsamen Osterfrühstück.
Zusammen mit der lutherischen und der reformierten Gemeinde wird am Pfingstmontag ein ökumenischer Gottesdienst vor dem Mausoleum. gefeiert.

Mit 39 Thesen wurde zwar die historische Anzahl von 95 nicht erreicht, aber die angehefteten Thesen werden nach unserer Überzeugung die ökumenische Arbeit befruchten.
Es wird auf bestehende Gemeinsamkeiten hingewiesen. zudem finden sich praxisorientierte Vorschläge und die Wünsche von heute sind hoffentlich die Wirklichkeit von morgen.

Im folgenden geben wir die Thesen schwerpunktmäßig wieder.

Betonung des Gemeinsamen
-Die unterschiedlichen Erscheinungsformen der Kirchen helfen und stützen sich gegenseitig.
-Beide Kirchen sind „heilig“ – sie haben einen Herrn!
-Das Leben in der Nachfolge von Jesus Christus
-Der Glaube an Gott
-Credo – Bibel – Gebet
-Gott sei Dank, dass wir uns näher gekommen sind
-Die Einheit in Vielfalt ist ein Geschenk
-Einheit ist überall, wo Jesus allein die Mitte ist
-Christinnen und Christen sind immer dann in Christus vereint, wenn sie mit freudigem Herzen miteinander reden und streiten.
-Von guten Mächten still und treu umgeben…….
-Jesus Christus, Kreuz und Auferstehung, Exerzitien im Alltag, offenes Gebet
-Das Gemeinsame überwiegt, wir sollten es mehren.
-Wir glauben an den einen Gott, Jesus Christus und den Heiligen Geist, das gemeinsame Gebet, Andachten, Gruppentreffen, Konzerte …

Praktische Schritte zur Vereinigung
-Aufeinander zugehen, miteinander im Gespräch sein, statt nebeneinander leben.
-Wichtig: DASS wir uns treffen, miteinander reden, uns gegenseitig achten, von einander lernen, miteinander Musik machen
-Weltgebetstag – ökumenischer Gottesdienst
-Pilgern von Kirche zu Kirche
-Gemeinsame Veranstaltungen, Gottesdienste, Friedensgebet
-Ökumene, Toleranz, Miteinander
-Gebet, Toleranz, Freude, Anerkennung des Anderen
-Ringverband der Pfadfinder (VCP / St. Georg)

Wünsche für die Zukunft
-Ich wünsche mir ein Leben in Austausch und Toleranz auch unter Einbeziehung unserer jüdischen Geschwister. Keiner muss den anderen vom richtigen Weg überzeugen, diese Entscheidung sollten wir Gott überlassen.
-Die Freude an Gott gebe uns immer wieder Kraft und Zuversicht für das Leben
-Wir wünschen uns eine gemeinsame Zukunft mit dem Stichwort „Ökumene“, dass nichts Trennendes zwischen den Kirchen steht und wir zusammen den Weg zu Gott suchen
-Wie schon auf dem ökumenischen Kirchentag Berlin von uns vielfach betont: Gemeinsame Mahlfeier! Der Tisch des Herrn sollte uns verbinden, nicht trennen! Zitat einer ev. Christin aus Lemgo/Lippe
-Es ist wichtig, dem Menschen mit anderem Glauben zu zeigen, dass man ihn hoch achtet und in seiner Not hilft. Zu lernen gibt es immer bei allen.

Das Besondere der katholischen Konfession wurde in einem mündlichen Beitrag in der Heiligenverehrung gesehen. Als Bekenntnis zur evangelischen Konfession wurde die These Sola fide – sola gratia dargestellt (Lehre Luthers, dass der Mensch allein durch Glauben gerettet wird und dieses allein durch die Gnade Gottes bewirkt wird).
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Johannes Kersting/Stephan Reygers